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AutorenbildMichi Jaskulski

Mein Hund das PuberTier! Anschluss vorübergehend besetzt....

Aktualisiert: 7. Jan. 2023


Vor kurzem war dein Hund noch ein süßer kleiner Wonneproppen, der sich vorbildlich benommen hat. Ein wahrer Streber in der Hundeschule! Und plötzlich ist alles anders? Er hört nicht mehr auf seinen Namen, bockt wie ein Halbstarker, sucht seine Unabhängigkeit statt deiner Nähe, stellt auf taub und stur und Höflichkeit ist ein Fremdwort. Was ist denn da auf einmal passiert? Gestern war doch noch alles anders!


Die Pubertät schlägt zu ...

Für die meisten Hundebesitzer bricht nun die schwierigste Phase im Laufe ihrer gemeinsamen Zeit mit ihrem Hund an. Kaum eine andere ­Lebensphase kostet den Hundeeltern so viele Nerven ab, wie die der Pubertät. Doch was bedeutet Pubertät eigentlich? Hierzu sollte man zuerst zwei Begriffe etwas genauer erklären.


Adoleszenz: ist das Übergangsstadium von der Kindheit zum Erwachsenwerden.


Pubertät: ist ein Teil der Adoleszenz, nämlich jener, in der die Geschlechtsreife erreicht wird. Das bedeutet aber nicht, dass der Hund damit schon erwachsen ist. In dieser Phase ist der Hund zwar biologisch gesehen zeugungsfähig und körperlich so gut wie ausgewachsen, aber emotional und sozial keinesfalls ausgereift.

Die Welpenzeit endet mit dem Zahnwechsel, welcher zwischen dem vierten und siebten Lebensmonat stattfindet. Mit 16 Wochen fängt dein Hund auch an seine Jagdtechniken zu entwickeln und häufig sieht man das im Spiel mit anderen Artgenossen. Die beiden Entwicklungsphasen, Pubertät und Adoleszenz, sind nicht strikt voneinander trennbar und gehen somit nahtlos ineinander über. Anschließend geht die Pubertät in die Phase des Heranwachsens (Adoleszenz) über, die ihr Ende im vollen Erwachsenensein findet.


Der Eintritt in die Pubertät und die Dauer der Adoleszenz variieren individuell von Hund zu Hund und sind darüber hinaus rasseabhängig. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die Pubertät beim kleineren Rassen früher beginnt und auch die Adoleszenz früher abgeschlossen ist als bei größeren Rassen.


Während bei Hündinnen die erste Läufigkeit ein sicheres Anzeichen für den Beginn der Pubertät ist, sind die Zeichen bei Rüden nicht ganz so eindeutig. Das gesteigerte Interesse an den Duftmarken anderer Hunde, das Heben eines Hinterbeines beim Urinieren oder auch das rauer werdende Spiel mit Artgenossen können aber als Beginn der Pubertät gewertet werden.


Erst nach Abschluss der Adoleszenz, die beim Hund bis zu drei oder vier Jahren dauern kann, ist der Hund körperlich und geistig gänzlich erwachsen geworden.


Woran erkenne ich den Start der Pubertät?

Entwickelt sich dein Welpe zu einem Junghund, dreht sich seine Welt plötzlich anders und vieles, was er bisher mochte, erscheint plötzlich lästig. Anzeichen der beginnenden Pubertät sind beispielsweise:

  • Gerüche anderer Hunde wie etwa Markierstellen werden interessanter.

  • Dein Hund distanziert sich mehr und reißt möglicherweise häufiger aus.

  • Dein Vierbeiner bildet verstärkt rassetypische Verhaltensweisen aus, wie beispielsweise Jagdtrieb, Hüteverhalten, etc.

  • Spielerisches Gezanke artet schnell in eine Rauferei aus.

  • Dein Hund reagiert nicht mehr auf erlernte Kommandos und stellt ihre Ohren häufig auf Durchzug.

  • Bisher unproblematische Situationen lösen möglicherweise plötzlich Angst oder Aggressionen aus.

  • Dein Hund hat Stimmungsschwankungen: Schläft er gerade noch völlig lustlos im Körbchen, ist er Sekunden später plötzlich hellwach und aufgedreht. Begrüßt er den Nachbarshund heute noch freudig, pöbelt er ihn morgen möglicherweise schon aufmüpfig an. Bekommt er morgens nicht genug von dir, nimmt er am Nachmittag Reißaus, um die Welt zu entdecken.

  • Er äußert sich vermehrt verbal: Dabei nutzt er viele unterschiedliche Laute wie Winseln, Jaulen, Bellen und sogar Knurren.


Doch was bewirkt diese plötzliche Verhaltensänderung bei deinem Hund?

Häufig hört man von Hundebesitzern: "er ist stur", "er bockt absichtlich herum", "er macht macht mir das zu fleiß", "er ist dominant", uvm. Das sind jedoch lediglich subjektive Etiketten, die man den Hunden aufgeklebt. Doch was steckt wirklich dahinter? Macht das dein Hund, weil er böse Absichten hat und die "Weltherrschaft" an sich reißen möchte? Bestimmt nicht!!! Schauen wir uns daher mal an, was sich im Körper deines Hundes in dieser Phase genau abspielt.


Biologisch gesehen ist diese Entwicklung nämlich völlig normal!!!

Dein Hund tut dies keinesfalls, um dich zu ärgern. Auch wenn sich der Mythos leider immer noch hält, möchte ich deutlich darauf hinweisen, dass dieses Verhalten keinesfalls etwas mit Dominanz zu tun hat. Die Veränderungen im Verhalten sind ein physiologischer Ablauf jeden Hundes und schlichtweg auf die hormonellen Änderungen im Körper deines Hundes zurückzuführen. Verzweiflung und Ärger in dieser Situation sind auch nur menschlich, helfen dir aber nicht weiter. Hingegen sind in dieser Phase vor allem Geduld und Verständnis enorm wichtig, auch wenn es nicht immer leichtfällt.



Was für Auswirkungen haben die körperlichen Umbauprozesse für deinen Hund?

Während der Pubertät bzw. Adoleszenzphase finden im Gehirn des Hundes wahnsinnig viele "Umbauarbeiten" statt. Das Gehirn deines Hundes entwickelt sich rasant und bildet neue Hormone aus. Hormonschwankungen, die mit der Pubertät einhergehen, haben auch bei Hunden eine Auswirkung auf fast alles.

  • Der Hund wird selbstständiger und zeigt ein gesteigertes Erkundungsverhalten.

  • Jegliches selbstbelohnende Verhalten bekommt einen größeren Stellenwert. Dem Hund fällt es schwer, sich von für ihn wichtigen und lohnenswerten Dingen zu trennen und sich stattdessen auf seinen Besitzer zu konzentrieren.

  • Ressourcen bzw. deren Verteidigung werden auf einmal wichtig.

  • Infolge der Veränderungen im Gehirn sind Impulskontrolle und Risikoabschätzung nicht unbedingt die Stärke pubertierender Junghunde.

  • Der Junghund reagiert empfindlicher und intensiver auf Reize aus der Umwelt. Dies bedeutet, dass Reaktionen emotionaler ausfallen als bisher. Dies ist leider auch ein guter Nährboden für Aggression.

  • Der Stresshormonspiegel ist während der Phase des Heranwachsens am höchsten.

Unsere Tipps für die gemeinse Zeit mit deinem PuberTier:

Was auch immer in der Pubertät deines Hundes passieren mag, vergiss nicht: Es ist nur eine Phase!

Hier haben wir ein paar Tipps für dich:

  • Nerven bewahren: Auch wenn es schwierig erscheint, bring trotz zerstörter Kissen oder einem Alleingang deines Vierbeiners in der Nachbarschaft Liebe und Geduld auf. Dein Hund will dich mit seinem Verhalten nicht ärgern. Vielmehr weiß er manchmal selber nicht, wo ihm der Kopf steht und muss seine Hormonschübe verarbeiten.

  • Sei verständnisvoll: Denke nicht, dass dein pubertierender Hund dir etwas zu Fleiß tut. Die hormonellen Veränderungen sind für ihn schwierig zu steuern und er braucht in deiner Phase vor allem dein Verständnis und deine Hilfe. Verliere beim Training nicht die Geduld, wenn dein Hund gerade einmal nicht so konzentriert ist, wie er einmal war oder er alles vergessen zu haben scheint, was er je gelernt hat. Mach die Übungen wieder leichter und festige, das was er schon gut konnte, als viel neues zu lernen bzw. zu verlangen.

  • Unterstütze deinen Hund! Sei darauf vorbereitet, dass dein Hund in der Pubertät besorgt oder ängstlich im Hinblick auf Dinge oder Situationen reagiert, die er in der Vergangenheit bereits erlebt hat und habe entsprechendes Verständnis dafür und übe diese nochmals mit viel Geduld und Unterstützung.

  • Sozialisierung fortsetzen und die Gewöhnung an Umweltreize wiederholen: Lift fahren, U-Bahn/Bus/Straßenbahn fahren, Menschen (Kinder, alte Leute mit Gehhilfe etc.) kennenlernen, Einkaufszentrum besuchen etc.

  • Konsequent bleiben: Dein Vierbeiner muss sich vor allem in seinem hormonellen Chaos stets an dir orientieren können. "Falsches" Benehmen sollte trotzdem nicht einfach hingenommen werden. Bleibe konsequent und biete deinem Hund Sicherheit, Orientierung und Führung, die er dringend benötigt. Wenn man den Dingen ihren Lauf lässt, verfestigen diese sich und wachsen zu immer größeren Problemen heran. Bleibe dabei zwar konsequent, aber fair. Verlange von deinem Hund nur, was er auch wirklich schaffen kann und ziehe dein Training mit Ruhe und Konsequenz durch. Das bedeutet, dass deine Anforderungen klar und verständlich für deinen Hund sein sollen (also nicht heute ja und morgen nein).

  • Spaß statt Missmut: Während der Pubertät hat dein Vierbeiner meistens alle erlernten Kommandos von seiner Festplatte gelöscht. So erscheint ihm ein einfaches “Komm!” plötzlich fremd. Möglicherweise fühlt er sich aber auch einfach nicht angesprochen. Verbringe daher besonders in diesen Phasen viel Zeit mit deinem Liebling und vermittle ihm Spaß am Lernen, indem du ihn regelmäßig motivierst und bestärkst.

  • Trainiere alles bisher Gelernte, vor allem die Grundkommandos weiter mit deinem Hund und nutze gegebenenfalls wieder mehr oder bessere Belohnungen.

  • Schutz bieten: Pubertierende Hunde verhalten sich häufig risikoreich. Bleib daher immer wachsam und bewahre deinen Vierbeiner vor Schwierigkeiten. Lass ihn besonders in flegeligen Phasen besser an der Leine laufen. So könnt ihr Provokationen und eventuellen Streitigkeiten aus dem Weg gehen und mindert damit das Unfallrisiko. Sei ein sicherer Hafen für deinen Hund und er wird schnell verstehen, dass er sich auf dich verlassen kann.

  • Kontakte kontrolliert ablaufen lassen: Rüden sollen nicht lernen, ihre männlichen Artgenossen anpöbeln zu dürfen und / oder Hündinnen zu belästigen. Hündinnen sollen nicht die Erfahrung machen müssen, ständig von aufdringlichen Rüden belästigt zu werden und dabei keine Hilfe ihrer Menschen zu bekommen. Suche dir daher in dieser Phase die Sozialkontakte deines Hundes genau aus und achte darauf, dass alles entspannt abläuft und helfe deinem Hund, wenn nötig dabei.

  • Ausreichend Ruhephasen achten! Die genannten hormonellen Veränderungen strengen auch deinen Hund an. Um die Stresshormone abbauen zu können, benötigt dein Hund ausreichend Ruhe. Fällt es ihm schwer zur Ruhe zu kommen kannst du ihm etwas zu Kauen oder Schlecken (zB Kong, Schleckmatte) anbieten, das wirkt beruhigend. Auch eine entsprechende Ruhezone im Wohnbereich ist empfehlenswert, damit dein Hund ungestört zur Ruhe kommen kann.

Die gute Nachricht zum Schluss:

Irgendwann sind die körperlichen Umbauarbeiten deines Hundes auch endlich abgeschlossen! Mit ein wenig Wissen, Vorbereitung und ein wenig Geduld wirst du feststellen, dass du Probleme, die das Leben mit einem jugendlichen Hund mit sich bringen kann, durchaus lösen kannst. Mit ein wenig Teamarbeit werdet ihr diese Phase gemeinsam gut überstehen.

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